Eine Jahrhundert alte Strasse

Sondrio, Anstieg Ligari, Anfangsstrecke des Pferdepfads.

Die zentrale geografische Lage dieses Weges und die relative Leichtigkeit der Strecke, machte ihn schon im Mittelalter zu einem verkehrsreichen Weg. Übrigens ist es sehr interessant zu sehen, wie diese mittelalterliche Straße eine schon wahrscheinlich in der Römerzeit exisitierende Straße, folgen sollte. In Wirklichkeit wurde die Murettostraße in den zwei grundlegenden Karten vom III. und IV. Jahrhundert n.C, die Tabula Peuntigeriana und die Itinerarium Antonini nicht erwähnt. Diese Straße, so wie auch die von Aprica, der San Marcopass, der Berninapass oder der Forcolapass von Livigno, waren keine offiziellen Straße des römischen Reiches, man kann aber behaupten, dass sie den römischen Truppen nicht ganz unbekannt war. Der Fund einiger archiologischer Beweisstücke aus der römischen Zeit in Chiesa und auf der 'Pferdestraße', die zum Murettopass und dann ins Engadin und ins Bergelltall führt (die Beweisstücke bestehen aus einer Silbernadel, einer Eisenkette, zwei Öllampen aus gebrannten Ton und einigen Münzen aus Silber und Bronze), lassen annehmem, dass das Valmalenco als Passage der Truppen benutzt wurde, denn auf dem ganzen Weg befinden sich militärische Bereitstellungen, die wahrscheinlich die Aufgabe hatten, als Rastplatz für Männer und Pferde zu dienen. Diese Funde lassen uns also glauben, dass auch die Murettostraße, wenn auch nur als Nebenstraße, in dem Grenzverteidigungsplan und im römischen Straßennetz eingeschlossen war. Ohne Zweifel war jetzt das grundlegende Problem, das mit der römisch rätischen Verwaltung zusammenhang, die Eindämmung der Gefahr der bevorstehenden Invasion seitens der allemannischen Bevölkerung, die immer bedrohlicher und konkreter im Laufe der Jahrhunderte wurde. Die Möglichkeit unter verschieden Strecken wählen zu können, den sichersten oder jedenfalls denjenigen, der nicht den Angriffen des Feindes ausgesetzt ist, um an einen bestimmten Ort zu kommen, war der Grund, weshalb die alpinen Pässe kontrolliert wurden, das ist heute noch eine der meist befolgten politischen Strategien.

Das Tal und der Murettopass gesehen von der Ventina Alm.

Aber man mußte erst ins Karolinger- Ottonen Zeitalter kommen, um die alpinen Pässe als europäische Wichtigkeit, in Form von kommerzieller und militärischer Verbindung zwischen den nördlichen und südlichen Völkern an der alpinen Wasserscheide, zu sehen Das insbesonders nach der Schenkung des Veltlins von Karl des Großen an das pariser Kloster San Dionigi im Jahr 775. Dieser Akt hatte eine politische und wirtschaftliche, aber vor allen Dingen eine religiöse Bedeutung: tatsächlich unter dem Schutz des starken Klosters organisierte man den Handel, die Jahrmärkte, es wurden auch Gebäude für die Rast von der langen Reise gebaut: die Gebäude waren für die Rast und die Unterbringung der Handelsleute und deren Pferde, für die Pilgerer, die immer zahlreicher wurden, und am Ende des ersten Jahr Tausend die Straße benutzten um zu den begehrten Wallfahrtsorten zu kommen. Der Pilgerweg war nicht mehr nur noch nach Rom und Jerusalem, sondern am Ende des Jahr Tausend pilgerte man auch zum Grab des Apostels San Jakob nach Compostela. In Zusammenhang mit dieser spezifischen Verehrung verzeichnete man zahlreiche Kirchen, die dem heiligen Jakob gewidmet waren, oft verbunden mit Heimen und Gästehäusern, die sich in der Nähe von den verkehrsreichen Straßen und Passübergängen unserer Provinz befanden: nur um einige zu nennen erinnern wir uns an die Kirche San Giacomo in Fraele, die auf dem gleichnamigen Pass steht, die Kirche San Giacomo von Ravoledo in Grosio, die am Ausgang zur Schweiz des Grosinatals steht, die Kirche San Giacomo in Stazzona auf dem Zufahrtsweg nach Aprica, und nicht zuletzt die antike und erste Kirche des Valmalencos. Sie wurde schon im Jahre 1190 erwähnt und im ältesten Wohnviertel des Tales erbaut, auch sie wurde dem San Giacomo gewidmet und steht auf der Straße, dieses hebt den Beweis hervor, dass die Straße seit Jahrhunderten bis ins Mittelalter hinein sehr verkehrsreich war.